Ursula Straumann
* 7. Januar 1944 - † 14. Juli 2024
Der Tod ist Teil des Lebens und überrascht, ja, erschüttert jedes Mal zutiefst. So sind wir betroffen über die Nachricht, dass Prof.in Ursula Straumann im Juli dieses Jahres in Frankfurt a. M. verstorben ist. Mit ihr geht nicht nur eine Ära der deutschsprachigen Beratungswissenschaften zu Ende, sondern wir verlieren eine warmherzige, gründlich nachdenkende und pragmatisch handelnde Kollegin und vielleicht ist es nicht vermessen zu sagen: Freundin.
Über ihre Laufbahn, Mitgliedschaften und zahlreichen Veröffentlichungen etc. kann man an anderer Stellen ausführlicher lesen. Uns bleibt hier, Dank und Respekt für das zum Ausdruck zu bringen, was sie für die Beratungslandschaft in Deutschland und insbesondere für unsere Vereinigung geleistet und bewirkt hat.
Ende der 90er Jahre initiierte sie einen Gesprächskreis, einen „runden Tisch“ für Kolleg:innen, die in der Hochschulbildung im Bereich Beratung aktiv waren. Schon nach den ersten Treffen in Frankfurt - sie war damals noch im aktiven Dienst als Professorin an der Frankfurt University of Applied Sciences - gesellten sich Vertreter:innen verschiedener Verbände aus der Beratungs- und Therapielandschaft hinzu. Es war die Zeit, als das neue Psychotherapeutengesetz eine klare Unterscheidung zwischen Therapie und Beratung nötig machte… Bald gab es Arbeitsgruppen und Pläne, sich zu organisieren, einen Dachverband für Beratung zu gründen. Am Ende stand 2004 die Gründung der DGfB.
Weniger bekannt ist, dass die Lehrenden und Forschenden der Hochschulen, die, angespornt von Ursula Straumann und anderen, für eine wissenschaftlich fundierte, öffentlich zu vertretende und zu vernetzende Beratung eintraten, von vielen Verbandsvertretern als übermächtige Konkurrenz zu den außeruniversitären Weiterbildungen gesehen wurden. Leise still und heimlich wurde eine Satzung entworfen, die eine Mitgliedschaft von Hochschulen in der zu gründenden DGfB verhinderte. Resolut und mit politischem Fingerspitzengefühl erklärte Ursula Straumann im Kreis der doch etwas konsternierten Hochschulvertreter:innen: „Dann gründen wir eben einen Sofaverein.“ Mit großem Eifer wurde der Plan sogleich umgesetzt. Es entstand die VHBC, und sie wurde ganz offiziell Gründungsmitglied der DGfB, noch bevor die Vereinigung zum eingetragenen Verein wurde. Heute wird über diese anfänglichen Schwierigkeiten nicht mehr geredet. Sie sind überwunden.
Aber es ist genau dieser Pragmatismus, der ganz unaufgeregt und ohne jeden professoralen Narzissmus gangbare Lösungen suchte, gekoppelt mit Warmherzigkeit und Freundlichkeit, die Ursula Straumann in Erinnerung bleiben lässt. Ihr unermüdlicher Einsatz für Menschlichkeit, ihre Freude, etwas „in die Gänge“ zu bringen, ohne an Posten und Positionen zu kleben, sind beeindruckend. Ihre Familie fasste es in der Traueranzeige so zusammen: „Du hattest noch so viel vor – wie immer!“ Das glauben wir gerne.
Andreas Bochmann, 23.08.2024 - auch im Namen des Vorstandes


